Ein erstes Ereignis der Vielfaltswochen 2022 hat bereits mit einen Fachtag gegen Antisemitismus erfolgreich stattgefunden. Hier ine kurze Übersicht über den Fachtag:
Fachtag gegen Antisemitismus: Antisemitismus erkennen
Wie erkennt man Antisemitismus, wie tritt er auf und vor allem was können wir dagegen tun?
Diese wohl nicht so einfach zu beantworteten Fragen stellten sich ca. 50 pädagogische Fachkräfte und Interessierte aus Weil der Stadt und ganz Baden-Württemberg in der Landesakademie für Jugendbildung.
Eingeladen hatte die Partnerschaft für Demokratie, die mit dem Fachtag ihren Förderschwerpunkt 2022 „Antisemitismus erkennen“ einleitete. Gemeinsam mit der Fachstelle Extremismusdistanzierung und der Landezentrale für politische Bildung wurde ein ganztägiges Programm auf die Beine gestellt, mit dem Versuch sich dem vielschichtigen und komplexen Thema zu nähern und pädagogische Fachkräfte zu informieren und zu sensibilisieren. Gefördert wurde der Fachtag im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“
Dabei konnten die Verantwortlichen auf den Rückhalt von Bürgermeister Christian Walter zählen, der den Fachtag unterstützte und mit einem Grußwort eröffnete.
Walter betonte dabei, dass Antisemitismus keinen Platz in Weil der Stadt hat. „Wer unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger bedroht oder das NS-Regime bagatellisiert, stellt sich gegen Freiheit und Demokratie, schwächt unser gemeinsames Wertefundament und gefährdet damit unser respektvolles Miteinander“.
Es ist daher umso wichtiger, die vielen Gesichter des Antisemitismus zu dechiffrieren und zu benennen. Walter warnte neben den klassischen Formen des Antisemitismus wie dem beschmieren von Wänden mit Hakenkreuzen oder dem Beschimpfen von jüdischen Menschen, auch vor neueren Formen des Hasses gegen Juden und Jüdinnen, welcher sich oft als Kritik an dem Staat Israel tarnt, sich aber dabei stetig an antisemitischen Vorurteilen bedient.
Am Vormittag konnten die Teilnehmenden auf das volle Expertenwissen von dem Beauftragten der Landesregierung gegen Antisemitismus Dr. Michael Blume und der Leiterin des Kompetenzzentrum für Prävention und Empowerment Marina Chernivsky zurückgreifen. Auch wenn es beiden Referenten aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich war, nach Weil der Stadt zu reisen, konnte mit moderner Veranstaltungstechnik ein reger Austausch zwischen den Referenten und dem Plenum hergestellt werden.
Marina Chernivsky betonte den Wert von Begegnung von jüdischen und nicht jüdischen Menschen. Solche Begegnungen sollten aber für sich alleine stehen, als eine schöne zwischenmenschliche Interaktion, um sich kennen zu lernen. Als alleinige Methode, um Antisemitismus vorzubeugen, sei dies jedoch nicht geeignet oder manchmal kontraproduktiv da, „Antisemitismus eigentlich nichts mit der Religion der Juden oder kulturellen sozialen Beschaffenheit der jüdischen Gemeinschaft beziehungsweise Verhalten von Juden zu tun hat“. Vielmehr ist Antisemitismus ein Weltbild, eine Weltanschauung mit Verschwörungsmythen, welches sich in Köpfen von Menschen oder gar Institutionen festgesetzt hat und sich durch unterschiedliches Ausprägen, wie Vorurteilen oder Gewalt gegen jüdische Menschen zeigen kann – so die Psychologin sinngemäß.
Dr. Michael Blume betonte wie vielfältig und lebendig das Judentum in Nationalitäten, Kultur und Sprachen sei. Eine Vielfalt, die Antisemiten eben „den Juden“ absprechen. In seinem dialogisch angelegten Vortrag zeigte der Religions- und Politikwissenschaftler pointiert auf, welche Gefahren vom Antisemitismus ausgehen und wie dessen Funktionsweisen sind. Besonders eindrücklich wurde geschildert, dass einerseits die antisemitisch Weltsicht eine (meist rassistische) Abwertung von jüdischen Menschen vornimmt aber gleichzeitig auch eine Überhöhung beinhaltet, da jüdischen Menschen gleichsam zugetraut wird, weltweite düstere Verschwörungen zu orchestrieren. Daher blühen in Krisenzeiten oftmals antisemitische Erzählweisen auf, da der Antisemitismus vermeintliche Erklärungsmuster für diese Krisen bietet.
Am Nachmittag konnten die Teilnehmenden ihre neu erworbenen oder aufgefrischten Erkenntnisse in drei Workshops vertiefen, die von Referenten der Landeszentrale für politische Bildung geleitet wurden.
Im Workshop „Antisemitismus und Verschwörungstheorien“ stellte das Team meX den Teilnehmenden den Projekttag „Was hat das alles zu bedeuten“ vor und lud zum debattieren über die Überlegungen ein, die hinter der Projekttagskonzeption steckten.
Weiterhin konnten mehr über „Antisemitismus an Schulen“ oder über die „Gedenkstättenarbeit“ in Baden-Württemberg erfahren werden.
Der Fachtag wurde mit einem Schlusswort von Dominik Schroth beendet, der in seiner Rolle als Koordinierungs- und Fachstelle der Partnerschaft für Demokratie allen Organisatoren und Referenten und insbesondere den Teilnehmenden für ihr Engagement dankte und eine weitere Beschäftigung im Themenfeld ankündigte.
Mit dem Fachtag haben wir den ersten großen Schritt getan, nämlich die Beschäftigung mit dem Thema Antisemitismus und dessen Aufarbeitung. Jetzt gilt es natürlich zu schauen, was können wir vor Ort tun, in den Schulen, in den Vereinen und in den Institutionen. Jetzt beginnen die vielen kleinen Schritte. Nach heute bin ich aber motiviert, dass wir diesen Weg gemeinsam hier in Weil der Stadt gehen werden.